Album der Woche: «Far Enough» von Cable Ties

«Far Enough» von Cable Ties

Wer auf Post-Punk und anverwandten Gattungen steht, wird in diesen Tagen regelrecht verwöhnt. Alleine im März brachten noch junge Bands wie Deeper, P.E., Es und Handle neue Alben heraus und bewiesen, dass wir längst nicht mehr von einem ‹Revival› sprechen können: Zu sehr hat sich das stilistische Gerüst inzwischen von seinen Vorläufern in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern emanzipiert.

Für Cable Ties aus Melbourne bietet der Post-Punk so etwas wie eine Hauptachse oder ein Fundament. Ihr zweites Album Far Enough – ihr erstes beim amerikanischen Indie-Schwergewicht Merge – hat geradezu Manifest-Charakter. Die Post-Punk-Ästhetik wird bei Cable Ties neu gedacht, sodass hier neben der präzis-treibenden Rhythmusgruppe und abgehackten Phrasen auch Krautrock-Dynamiken, Stooges-artige Gitarrenriffs und ein Wirbelwind einer Stimme Platz haben. Im Songwriting ist die Band absolut im Hier und Jetzt verankert: Gesungen wird von miserablen Aussichten in der Gig Economy oder einer selbstzerfleischenden politischen Linken, mal kühl beobachtend, mal fast Emo-artig intim, aber in der Regel laut und schonungslos. Was bei Cable Ties aber am meisten überrascht, ist die Hoffnung, die sich aus der regen D.I.Y.-Szene in Melbourne schöpft und Far Enough letztendlich zu einem unerwartet zuversichtlichen Post-Punk-Album macht.

Ausgewählt von Simeon Thompson

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